Grob fahrlässige Verursachung eines Arbeitsunfalles durch „Eisenbahnwaggon-Domino“

Zum Urteil des OLG Celle vom 16.05.2017, Az.: 5 U 89/16 (Vorinstanz: Landgericht Lüneburg, Urt. v. 23.05.2016, Az.: 9 O 111/15)

Zur Thematik „Regress gem. §§ 110, 111 SGB VII“ erstritten wir für unsere Mandantschaft, welche zuständige Unfallversicherungsträgerin für den Verletzten war, die Zahlungspflicht der Gegenseite durch zwei Instanzen.

Hintergrund der Entscheidung war ein schwerer Arbeitsunfall. Ein Arbeiter bei einem Reparaturbetrieb für Eisenbahnwaggons war zum Unfallzeitpunkt in der Werkhalle damit beschäftigt, die Puffer zweier Waggons einzufetten, zwischen denen er sich befand. Vor der Werkhalle befanden sich fünf weitere Waggons. Ein Lokführer und ein Rangierer waren nun dabei, mit einer Lok sieben weitere Waggons in Richtung Werkhalle zu schieben. Zu diesem Zeitpunkt fanden sich weder an den fünf vor der Werkhalle abgestellten Waggons sogenannte Hemmschuhe, noch wurden die Bremsschläuche der sieben geschobenen Waggons mit Druckluft gefüllt, welche ein Bremsen ermöglicht hätten. Letzteres lag daran, dass der hierfür notwendige Kompressor der Lok seit Monaten defekt war. Geplant wurde, alles lediglich mit der Lokbremse zu bremsen, wobei eine Bremsprobe unterblieb. Eine Betriebsanweisung, welche Rangiermanöver mit und ohne Bremsen regeln sollte, war nur lückenhaft vorhanden. Insbesondere fanden sich in dieser keine Angaben darüber, bis zu welcher Anzahl von Achsen überhaupt eine bloße Bedienung mit der Lokbremse ausreicht.

Das Bremsmanöver gelang im weiteren Verlauf nicht. Die Lok und die sieben Waggons prallten auf die vor der Werkhalle abgestellten Waggons. Mangels Sicherung und auf Grund des Anpralls durchschlugen diese dann das Werkhallentor und prallten auf die dort abgestellten Waggons, zwischen denen sich immer noch der Arbeiter zum Einfetten der Puffer befand. Da auch diese Waggons nicht gesichert waren, wurde der Arbeiter zwischen den Waggons eingequetscht und erlitt schwerste Verletzungen. Da hier unstreitig ein Arbeitsunfall vorlag, war die zuständige Berufsgenossenschaft verpflichtet, umfangreiche Leistungen zu erbringen.

Beim vorliegend geschilderten Hergang, insbesondere auf Grund der massiven Versäumnisse hinsichtlich Sicherung der Waggons und der mangelhaften Betriebsanweisung, lag eine grob fahrlässige Verursachung im Sinne des § 110 SGB VII nahe. Dennoch wurde eine Leistung seitens der späteren Beklagten verweigert und die Angelegenheit musste vor Gericht geklärt werden.

Sowohl das LG Lüneburg als auch das OLG Celle bejahten zu Recht die objektiven und die subjektiven Voraussetzungen für eine grob fahrlässige Herbeiführung des Unfalls. Dies beruhte vor allem auf folgenden Tatsachen: Der Reparaturbetrieb, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden und vor Ort durch den Werkstattleiter, hatte sich in keiner Weise um die Einhaltung etwaiger Unfallverhütungsvorschriften gekümmert. Eine Betriebsanweisung, welche Unfälle wie den streitgegenständlichen verhindern sollte, war nur lückenhaft und unzureichend formuliert. Die subjektive Komponente der groben Fahrlässigkeit war vor allem deshalb zu bejahen, da die einschlägigen Sicherheitsvorschriften vor allem aus wirtschaftlichen Interessen missachtet wurden.

Aus diesen Gründen war der Rückgriff der zuständigen Unfallversicherungsträgerin auf Verantwortlichen gerechtfertigt.

Diesen Rückgriffsanspruch konnten wir für unsere Mandantschaft erfolgreich durchsetzen.